Charles Rojzman: Der Haß, die Angst und die Demokratie

Artikel-Nr.: M 132

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Abstract
Die Methode der rationalen Aufklärung ist nach Rojzmans Erfahrung unzureichend, da sie die emotionalen Grundlagen des Rassismus nicht berüht. "Der Rechtsextremismus ist nur eine extreme Erscheinungsform von dem, was in uns allen steckt - der Angst vor einer wirklichen Demokratie." Der Autor legt den Finger auf eine Wunde und regt die LeserInnen zur Selbstreflexion an. In seiner Sozialtherapie setzt er auf die Gewinnung von Selbsterkenntnis und Selbstvertrauen bie den TeilnehmerInnen. Er verhilft ihnen zu einer toleranten Einstellung und trägt dazu bei, Lösungen für den beruflichen Allltag zu erarbeiten. Der Rassismus verliert an Virulenz.

 

Vorwort zur deutschen Ausgabe
Wenn Sie dieses Buch ohne Ärger, aber mit Gewinn lesen wollen, ist es gut, zu wissen, was Sie erwartet: keine wissenschaftliche Abhandlung über wieder eine neue Gruppentherapiemethode, kein Psychoreißer und keine Gebrauchsanweisung für Wochenendtherapien.
Gut ist das Buch für Menschen, die sich professionell mit anderen Menschen beschäftigen, besonders für solche, die in sozial schwierigen Feldern arbeiten: in Ämtern, Schulen, Initiativen. Und natürlich für Therapeuten, Supervisoren, Berater.
Es ist ein Buch, das von Erfahrungen erzählt, und deshalb gut zu gebrauchen für Leute, die Erfahrungen anderer schätzen und davon lernen wollen.
Rojzman erzählt von Erfahrungen, die er in seiner therapeutischen Arbeit in französischen Vorstadtsiedlungen mit hohem Zuwandereranteil in nahezu ausweglosen sozialen Situationen gemacht hat:
- vom Lehrer, der sich als Feind der Schüler fühlt;
- von der Putzfrau im Krankenhaus, die sich- zeitlebens gedemütigt - als dumm und ungefragt erlebt, die in der Gruppe das Wunder einer Metamorphose erlebt: von der Selbstverachtung zu neuer Würde und Intelligenz;
- von der Leiterin eines Bürgerbüros, die das geläufige Weltbild, das die Menschen einteilt in Rassisten und Antirassisten, überwindet, als sie erkennt, daß gerade diese Vorurteile das von allen ersehnte Zusammenleben verhindern.
Auch wenn die im Buch geschilderte soziale Situation französischer Vorstädte deutschen Verhältnissen nicht entspricht, läßt sich dennoch das Spannungsmuster, das auch hierzulande dem Rassismus zugrundeliegt, erkennen.
Die Geschichten, die Rojzman erzählt, begleitet er mit der Entwicklung seiner Theorie. Er kennt die wissenschaftliche Literatur ebenso wie die geläufigen Werkzeuge analytischer wie humanistischer Methoden, die er scheinbar locker einstreut und doch zu einem ungewöhnlich farbigen Mosaik formt.
Sie haben auch ein politisches Buch vor sich. Es liefert eine knappe und prägnante Gesellschaftskritik und dazu ein Konzept für Demokratieschulung. Sie besteht - wie könnte man widersprechen?- in der Förderung sozialer Kompetenz, in der (Wieder-) Gewinnung von Selbstachtung und Würde, im gemeinsamen Bemühen um gegenseitige Anerkennung, der Leidenschaften ebenso wie des Bedürfnisses nach Größe, Verbundenheit und Sinn. Die Welt ist schließlich kein Kasperltheater, in dem sich die eindeutig Guten und die eindeutig Bösen bekämpfen und in dem Gewalt, List und Betrug das Leben bestimmen.
Der Autor ist glaubwürdig: Er hat selbst den Schmerz von Verachtung und Ausgrenzung erfahren; und er hat begriffen, daß Haß kein moralisches Phänomen ist und daß Rassismus nicht bekämpft werden kann.
Er beobachtet, daß in einer an Konkurrenz orientierten Gesellschaft die Angst wie eine Seuche wächst: beim Therapeuten ebenso wie beim "Klienten" beide leiden an Mangel an Anerkennung, beide sind verletzt, beide bedürfen der Heilung. Der eine steht nicht über dem anderen. Voraus haben Menschen aus der Therapeutenzunft freilich ein entwickelteres Bewußtsein der Krankheit und ein gewisses Vermögen, damit klar zu kommen, indem sie sich um die eigene Heilung wie die anderer kümmern.
Rojzman macht Mut: besonders den Menschen, die sich's nicht verdrießen lassen, als Profis wo immer auf der Sozialschiene in Institutionen oder Praxen - täglich vom Burnout-Syndrorn bedroht, angefochten von Zynismus und Resignation- offen zu bleiben für neue Impulse: cupidi rerum novarum, begierig nach neuen Dingen, im Lateinischen der Begriff für revolutionär. Etwas davon vermittelt Rojzman mit seinen sozialtherapeutischen Geschichten.
Alfred Rott

 

Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur deutschen Ausgabe / Einleitung / Das Ungeheuer / Erfahrungen aus den Vorstädten / Demokratie / Selbstvertrauen und Autoritätshörigkeit / Rassismus: Bedürfnisse, Ängste und Haß / Portraits / Das Leben eines Jugendlichen im Stadtteil / Der Lehrer / Marie-Noelle / Hausmeisterin / Ein System /Homo demens / Sozialtherapie / Die Anfrage / Seminarablauf / Der verletzte Therapeut / Die Gärtner der Seele / Anwendungsbereiche der Sozialtherapie / Schlußfolgerung / Sozialtherapie als Schule der Demokratie /Anhang: Vorschlag der Französ. Beratungskommission für Menschenrechte / Danksagung /Anmerkung des Übersetzers / Anmerkungen

Autor
Soziologe und Psychologe, war Literaturwissenschaftler, bevor er ein interdisziplinäres Studium in Soziologie, Pädagogik, Anthropologie und Psychotherapie aufnahm. Hieraus entwickelte er seine spezielle, neuartige Form der Sozialtherapie. Er ist Mitbegründer und Leite des Instituts TTS - Transformations Therapies Sociales in Paris.

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