Anne Allex(Hg.)
Stop Trans*-Pathologisierung
Berliner Positionen zur internationalen Kampagne
3. wesentlich erweiterte Auflage
ISBN 978-3-940865-90-8 I 2015 I 184 Seiten
Blick ins Buch
Menschen, die in ihrer Erscheinung nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen, erleben fast weltweit vielfältige Menschenrechtsverletzungen. Die internationale Kampagne „Stop Trans* Pathologisierung“ fordert, stigmatisierende psychiatrische Diagnosen aus weltweit gültigen Krankheitskatalogen zu streichen.
Sie entwickelte einen Vorschlag zu einer entpathologisierenden Gesundheitsversorgung aus Menschenrechtsperspektive. Die gesetzliche Anerkennung des Geschlechts soll von medizinischen Diagnosen und Behandlungen unabhängig sein. In einigen Ländern wurden Gesetzgebungsprozesse angestoßen. Ein Gesetz in Argentinien steht exemplarisch für die Selbstbestimmung des Geschlechts.
Die Berliner Positionen beziehen die Auseinandersetzungen um die Revision der Krankheitskataloge auf deutsche Zustände. Sie unterstützen den Kampf der Trans*-Bewegung um Selbstbestimmung gegen marginalisierende Transphobie. Bündnisse mit psychiatriekritischen, gesundheitspolitischen und sozialen Bewegungen werden anvisiert.
Mit Beiträgen von: Anne Allex, Luce B., Berliner STP-Bündnis, Diana Demiel, Emanzipative antifaschistische Gruppe, Horst-Jörg Haupt, Internationale STP-Kampagne, Eliah Lüthi, Ole, Corinna Schmechel, Tranarchy
Herausgeberin
Anne Allex
Arbeitet als Sozialpolitische Wegeweiserin in Berlin. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin für Sozialrecht forscht sie zu den sogenannten Asozialen im deutschen Faschismus und organisiert sozialkritische Veranstaltungen in Wort, Bild und Ton.
Vorwort
Wieso bedarf es einer dritten wesentlich überarbeiteten Neuauflage unseres Buches „Stop Trans*-Pathologisierung. Berliner Beiträge für eine internationale Kampagne“, obwohl erst 2013 die 2. Auflage erschien?
Das Buch wurde im deutschsprachigen Raum erstaunlich gut aufgenommen und wird inzwischen auf ca. 40 Internetseiten beworben. P. P. Baumgartinger von der feministischen Zeitschrift Weiber.Diwan (Österreich) meint, das Buch sei „für alle, die sich für die Hintergründe der Stop Trans*-Pathologisierung 2012 interessieren und/oder (mehr) Argumente gegen Trans*-Pathologisierung wissen wollen“. H.-J. Voß schrieb 2013 zu unserem Buch auf seiner Homepage, „dass Streiten, das erfolgreich sein soll, 1) international vernetzt, 2) kommunal verankert und 3) intersektional – also mit Blick auf die Verschränkung von Rassismus, Sexismus und Klassismus – erfolgt“. Die Einschätzung der Wichtigkeit der Internationalen STP-Kampagne (Stop Trans*-Patologisierung) teilt auch die feministische Psychiatriekritikerin Corinna Schmechel in ihrem aktuellen Beitrag.
Verschiedene Aktivist_innen luden uns zur Vorstellung der internationalen STP-Kampagne ein: so der ASTA der Uni Bielefeld (am 10.11.2012) zu den „Aktionstagen gegen Sexismus“, die Orgagruppe zur Erfurter Polyfantasia-Woche (am 20.07.2013), Anne Seeck zu einer Erwerbslosenreihe zur Kritik psychischer Störungen (2.12.2012) und die Rattenbar auf eine Soliparty am 8.12.2012. Über weitere Berliner STPAktivitäten berichtet D. Demiel am Ende des aktualisierten Beitrages „Das eigene Geschlecht ist ein Menschenrecht.“
Die Jahre 2012 bis 2014 sind durch wichtige Entwicklungen zur Entpathologisierung von Trans* gekennzeichnet: Die Internationale STP-Kampagne schlug im August 2012 eine den Menschenrechten entsprechende, nicht pathologisierende Trans*-Gesundheitsversorgung vor. Diese bietet einen Rahmen für eine eigene Handhabung in allen Ländern. In Argentinien wurde ein Gesetz zur entpathologisierenden Trans*-Gesundheitsversorgung verabschiedet, welches auch das im September 2014 in Kraft getretene dänische Gesetz inspirierte.
Wegen des nicht nur für Trans*-Personen rückschrittlichen neuen DSM-V meldeten sich kritische Stimmen von Psychiater_innen zu Wort, wie beispielsweise A.-K.Güldenring, H.-J. Haupt, K. Seikowski. Ihre Interventionen sind vor dem Hintergrund des Revisionsprozesses zum ICD-11 wichtig. Wir stellen ihre Auffassungen wie auch diejenigen der Internationalen STP-Kampagne zu den Begriffen „Genderdysphoria“ und „Genderinkongruenz“ im Artikel „Entpathologisierung von Trans* – ein dorniger Weg“ ausführlich dar. Das Thema soll über den Expert_ innen-Diskurs hinaus die eigentlichen und viele andere Adressat_innen erreichen. Gleichzeitig hoffen wir auf ein gemeinsames Bündnis von trans*-bewussten, parteiischen, entpathologisierenden Expert_innen, etwa Wissenschaftler_innen und Mediziner_innen und Trans*-Organisationen und -Initiativen, die beispielsweise im gesundheitspolitischen Bereich zusammenwirken.
Ebenso setzen wir uns mit deutschen Entwicklungen auseinander. Da das TSG und die MDK-Richtlinien unverändert gelten, drucken wir Eliah Lüthi´s Artikel unverändert ab. Wir weisen auf eine überregionale Trans*-Arbeitsgruppe mit einem Diskussionsvorschlag für eine TSGReform hin und setzen uns kritisch mit den Hoffnungen von Trans* im deutschen Leitlinienprozess auseinander. Wir würdigen die Vorstellungen von Hamm/Sauer, die an die Vorschläge der Internationalen STP-Kampagne andocken.
Am Beispiel des ersten deutschen Trans*-Mannes mit Baby wird gezeigt, wie mangelhafte Rechtsgrundlagen zu Unsicherheiten in der Handhabe bei den Behörden führt und Vater und Baby diskriminiert. Wir bedanken uns bei „Ole“ für die Erlaubnis des Abdrucks seiner tCSD-Rede. Wegen seiner differenzierten Kritik an transphoben Psychiater_ innen und seinem pfiffigen Fragebogen drucken wir den Artikel von Prof. H.-J. Haupt aus Zürich mit seiner freundlichen Genehmigung ab.
Der Selbsthilfe gegen eine Form der Pathologisierung in Hartz IV dient mein neuer Artikel. Wie sich junge Antifa für Genderdiversity stark machen, zeigt das EAG-Grußwort. Wir danken TROUBLE X für die Gestattung des Abdrucks zweier seiner_ihrer COMIX.
In den Entwicklungen der letzten Jahre, so auch im deutschen Leitlinienprozess, wird klar, dass reaktionäre einflußreiche Kreise aus Psychiater_ innen-Organisationen alles versuchen werden, um an der Trans*- Pathologisierung festzuhalten. In Indien, Russland und anderen Ländern fanden rückschrittliche Entwicklungen in der Trans*- und Homosexuellenfrage statt. Sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass eine finnische Trans*-Frau sich scheiden lassen muss, um ihre Geschlechtsidentität anerkannt zu bekommen. Über kleine Fortschritte einiger EU-Länder lesen Sie auf den Seiten 71/72.
Wir bedanken uns bei der Magnus-Hirschfeld-Stiftung für die Förderung der Druckkosten für die 3. Auflage dieses Buches.
Inhalt
Vorwort
Tranarchy: Pathologisiert das! / Pathologize This
Glossar
Diana Demiel: Das eigene Geschlecht ist ein Menschenrecht
Corinna Schmechel: Don’t pathologize this
Diana Demiel: Was bedeuten DSM-IV und ICD-10?
Luce B: "Reality Test" - 23ix13
Berliner Bündnis STP 2012: What the fuck sind überhaupt “Geschlechtsidentitätsstörungen“?
Eliah Lüthi: MDK-Richtlinien und Transsexuellengesetz
Ole: Trans*-Mann kämpft für Anerkennung als Kindesvater
Diana Demiel: Das argentinische Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität
Internationale Kampagne „Stop Trans*-Pathologisierung“ (STP): Vorschlag zur entpathologisierenden Gesundheitsversorgung
Anne Allex/ Diana Demiel: Entpathologisierung von Trans* – ein dorniger Weg
Horst-Jörg Haupt: Trans*-Betreuung/Begleitung ohne transphobe Scheuklappen
Anne Allex: Selbsthilfe gegen psychologische Gutachten in Hartz IV
Grußbotschaft der EAG zum Aktionstag gegen Trans*-Pathologisierung
Anne Allex: Queere Resonanzen auf ein bedingungsloses Existenzgeld
Ende der Bescheidenheit!
Dieter Rita Scholl Schauspieler_in
Diana Demiel: Buchempfehlungen
STP-Filme im Internet
Verzeichnis der Abbildungen
>
retour zum shop