Disability Studies als neuer Ansatz emanzipatorischer und interdisziplinärer Forschung über Behinderung.
2006, ISBN 978-3-930-830-71-8, 251 Seiten
Abstract
Disability Studies verstehen sich als interdisziplinär ausgerichtete Forschungsstrategie, die davon ausgeht, dass Behinderung kein spezifi sches Wesensmerkmal von ehinderten ist, sondern gesellschaftlich konstruiert wird. Demnach ist Behinderung kein individuelles Problem, sondern das Produkt gesellschaftlicher Bedingungen und Verhältnisse, die Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen bei der sozialen Teilhabe an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen behindern. Im Sinne der Disability Studies sind Menschen mit Behinderungen nach dem Motto „Nichts über uns – ohne uns“ als Subjekte
und als Expert/inn/en ihrer eigenen Situation aktiv in Politik und Forschung mit einzubeziehen.
Um die Belange behinderter Menschen und die Sichtweisen der Betroff enen angemessen aufgreifen zu können, sind die Disability Studies auf einen intensiven Austausch zwischen Forschung, Politik und Praxis angewiesen. Hierzu versammelt dieser Band Beiträge von Autor/inn/en mit unterschied lichen disziplinären und biografischen Hintergründen, die aus ihrer jeweiligen Perspektive die Disability Studies vorstellen, das Spannungsfeld zwischen der politischen Behindertenbewegung und diesem Forschungsansatz beleuchten und zeigen, auf welche Weise dieser in den verschiedenen Fachdisziplinen und Lebensbereichen umgesetzt wird.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
A) Disability Studies und die politische Behindertenbewegung
Gisela Hermes: Der Wissenschaftsansatz Disability Studies – Neue Erkenntnisgewinne über Behinderung? / Ottmar Miles-Paul: Selbstbestimmung behinderter Menschen
Eine Grundlage der Disability Studies / Josef Ströbl: Behinderung und gesellschaftliche Teilhabe aus Sicht von Menschen mit so genannter geistiger Behinderung / Martina Puschke: Gender Aspekte der Disability Studies / Swantje Köbsell: Behinderte Menschen und Bioethik. Schlaglichter aus Deutschland, Großbritannien und den USA
B) Kulturwissenschaften und Disability Studies
Anne Waldschmidt: Brauchen die Disability Studies ein „kulturelles Modell“ von Behinderung? / Cornelia Renggli: Nur Mitleid oder Bewunderung? Medien und Behinderung / Siegfried Saerberg: Alltagsbegegnungen zwischen einem Blinden und Sehenden. Selbstversuch eines blinden Forschers / Katja Lüke: Von der Attraktivität „normal“ zu sein. Zur Identitätsarbeit körperbehinderter Menschen / Eckhard Rohrmann: Gesellschaftliche Konstruktionen von Anders-Sein in unterschiedlichen kulturhistorischen Kontexten / Volker Schönwiese: Das gesellschaftliche Bild behinderter Menschen
C) Behinderung in Alltag und Gesellschaft
Eckhard Rohrmann: Zwischen Selbstbestimmung und Menschenrechtsverletzungen.
Zur Lage behinderter Menschen in Deutschland im Spannungsfeld zwischen Behinderten- und Sozialpolitik / Hans-Günter Heiden: Von „Barrierefreiheit“ zum „Design für alle!“ Eine neue Philosophie der Planung / Sigrid Arnade: Arbeit und Behinderung unter Gender-Aspekten / Hiltrud Loeken: Disability Studies – Impulse für die Soziale Arbeit mit behinderten Menschen und die Sonderpädagogik
HerausgeberInnen
Dr. Gisela Hermes. Jahrgang 1958, Dipl.-Pädagogin und Dipl. Supervisorin, Gründungs-mitglied der emanzipatorischen Behindertenbewegung sowie des Ver-eins zur Förderung der Autonomie Behinderter, lebt in Kassel und lei-tet dort ehrenamtlich das Bildungs- und Forschungsinstitut zum selbstbestimmten Leben Behinderter – bifos e.V. Seit 2004 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philipps-Universität Mar-burg, Forschungsschwerpunkt: De-Institutionalisierung behinderter Menschen. Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen vor allem zu den Themengebieten behinderte Frauen, behinderte Eltern und Selbsthilfe behinderter Menschen.
Prof. Dr. Eckhard Rohrmann. 1956 in Bielefeld geboren, 1983 Gründungsmitglied von MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V., seit 1995 Prof. für Sozial- und Sonderpädagogik an der Philipps-Universität Marburg. Schwer-punkte in Forschung und Lehre: Armut und Wohnungsnot, soziale Ungleichheit, soziale Selbsthilfe, Lebenslagen und Lebensbedingun-gen von Menschen, die wir behindert nennen.