Hermes, Ewinkel u.a. (Hg): Geschlecht behindert. Besonderes Merkmal Frau. ISBN 9783923126330 - 280gr

Artikel-Nr.: M 068

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Abstract
"Dies ist ein Krüppel-Frauen-Buch von behinderten Frauen über ihre Lebenssituation. Von nicht-behinderten Frauen unterscheidet uns, daß die Unterdrückung, die wir in dieser Gesellschaft erfahren, eine dreifache Diskriminierung ist, die wir als Unterworfene der Leistungsgesellschaft, als Frauen und als Behinderte erleben. Der Schwerpunkt dieses Buches ist die Auseinandersetzung mit unserer Situation, einerseits eine Frau, andererseits behindert zu sein. Wir Krüppelfrauen sind Frauen, die behindert sind - wir werden aber als Behinderte behandelt, die nebenbei weiblich sind."

Vorwort
Angefangen hat alles damit, daß einige behinderte Frauen, aus verschiedenen Städten der BRD, zum Krüppeltribunal (das im berüchtigten Jahr der Behinderten 1981 in Dortmund stattfand) gemeinsam Aspekte ihrer eigenen Diskriminierung in der nichtbehinderten Männerwelt ausgearbeitet haben.
Sehr schnell merkten wir damals, daß dieses Thema nicht als eines unter vielen auf einer Veranstaltung abgehandelt werden kann, weil es zu umfangreich und zu vielschichtig ist. Wir beschlossen, uns intensiver damit auseinander zusetzen, wollten unseren Lebensbedingungen auf den Grund gehen. In einigen Städten bildeten sich Krüppelfrauengruppen, in denen wir einerseits unsere Erfahrungen als behinderte Frau aufarbeiteten, andererseits Ergebnisse unserer Diskussionen in die Öffentlichkeit brachten. Und so entstand dann die Idee, ein Buch über uns als behinderte Frauen zu schreiben. Dies erscheint auch dringend notwendig, wenn man/ frau sich anguckt, was bisher überhaupt zum Thema veröffentlicht wurde. Fachleute der Behindertenarbeit handeln uns ausschließlich geschlechtsneutral als "die Behinderten" ab; Bücher, in denen betroffene Frauen sich selbst zu ihrer Situation äußern, sind seiten. Vor allem frauenspezifische Fragestellungen wurden bisher nicht diskutiert, und auch in der gängigen Frauenliteratur kommen wir kaum vor.
Uns geht es darum, ein Buch herauszugeben, das nicht über behinderte Frauen, sondern von uns selbst geschrieben wurde; ein Buch, das nicht nur aus Erfahrungsberichten besteht, sondern auch Diskussionsansätze und -ergebnisse und verallgemeinerbare Schlüsse aufzeigt. Schwerpunkt dieses Buches ist die Auseinandersetzung mit unserer Situation, einerseits eine Frau, andererseits behindert zu sein. Als Krüppel sind wir minderwertige, gesellschaftlich unnütze Wesen. Der Wert eines Menschen bemißt sich in unserer Leistungsgesellschaft hauptsächlich an seiner Arbeitsleistung. Da unsere Arbeitskraft für Unternehmer nicht uneingeschränkt verwertbar ist, wir nicht konkurrenzfähig sind, stehen wir an unterster Stelle der Werteskala. Für die Nichtbehinderten ein Grund, uns in allen Lebenslagen gesondert zu behandeln, uns in Sonderkindergärten, Sonderschulen, Heimen und Sonderwerkstätten zu isolieren, und als minderwertig zu behandeln.
Als Frauen trifft uns die patriarchale Frauenunterdrückung ähnlich wie nichtbehinderte Frauen. Wie sie werden wir an Männernormen gemessen; an den Normen der Schönheit und der Rollenerfüllung in Bezug auf Haushalt und Kindererziehung. Wir entsprechen diesen Idealen in keinster Weise. Das Patriarchat, die Machtverteilung zwischen Frauen und Männern, in der der Mann der Privilegierte ist, stützt sich jedoch auf die geschlechtsspezifische Rollenverteilung, in der die Frau für den privaten, den häuslichen Bereich und der Mann für den außerhäuslichen Bereich, für die Bestreitung des Lebensunterhalts zuständig ist. Eine behinderte Frau kann diese Rollenverteilung aufgrund ihrer "körperlichen Mängel" nicht gewährleisten, sie sichert nicht die Privilegien des Mannes. Auch entspricht sie nicht dem gängigen Schönheitsideal - eine behinderte Frau ist also kaum eine akzeptable Partnerin.
Wir Krüppelfrauen sind Frauen, die behindert sind, wir werden aber als Behinderte behandelt, die nebenbei weiblich sind. Behinderte gelten als eine Gruppe zwischen den Geschlechtern, die dritte Gruppe zwischen Frauen und Männern.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort / FRÜHER /Die Bremskraft meiner Mutter / Ich durfte hübsche Kleidchen tragen und bekam eine Schleife ins Haar Stopp! Hier beginnt mein Leben! / Mein Selbstwert gefühl basierte auf meinem klugen Köpfchen / Laß dir nichts gefallen. Wehr dich! / Für meine religiöse Bildung wurde gesorgt, für den Rest sorgte ich selber Das willst du ja gar nicht selber
SONNENTOP OHNE ARME IST WIE MINIROCK MIT SCHIENEN / Das Schönheitsideal und seine Folgen / Krüppelfrauen sind nicht "in" / Prothesen / Wirf die Prothesen weg, wenn sie dir nichts nützen/ Gemeinsam gegen Männernormen / Einige Kostproben aus der Trivialliteratur / Lieber 'ne Taube auf dem Dach, als 'ne Blinde im Bett - Ein Mann zum Vorzeigen
§ 218 / Na Mädchen, das kriegen wir schon hin / Medizinische oder soziale Indikation? / Die Reform des § 218 in Gefahr / Wie würde sich eine derartige Verschärfung des § 218 auf uns Krüppelfrauen auswirken? / Wir Krüppelfreuen und der § 218
§ 177 Vergewaltigung / Prozeßbericht / STERILISATION / Einfach so / Ein Kind, das geht doch nicht! / Zwangssterilisation im "wohlverstandenen Interesse der Behinderten?"  / BEHINDERTE MÜTTER / Leute, die mich nicht kannten, dachten, dieser dicke Bauch gehöre zu meiner Behinderung / Ihr könnt dem Kind doch gar kein Vorbild sein!
BERUFLICHE ERSTAUSBILDUNG BEHINDERTER MÄDCHEN / Aus behinderten Mädchen werden behinderte Frauen gemacht / Das ist doch besser als gar nichts! / Einbahnstraße Berufsbildungswerk / Wir wurden dort richtig auf Leistung getrimmt / Endstation Werkstatt
HAUSHALT STATT REHA / Frau + behindert = arbeitslose Krüppelfrau / Hausfrau / Behindert von einem Tag zum anderen. Was nun? Experten unter sich über uns /...wenn diese Umstände nicht gewesen wären, hätte ich diesen Arbeitsplatz nicht bekommen / Soviel Verantwortung, wie ich übernehmen könnte, hab ich bestimmt nicht / Sonst ist man nur `ne halbe Arbeitskraft /...sie ist und bleibt ein exotisches Wesen
Schlußwort / Anmerkungen

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